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          Samstag, 15. Mai 2021

       175. Jahrestag der Grundsteinlegung für die Göltzschtalbrücke (1846 – 2021)

Als der Baufortschritt der Sächsisch-bayrischen Eisenbahn das
Vogtland erreichte, begannen im Mai 1846 im Göltzschtal sowie
zwei Monate später im Elstertal die Vorbereitungsarbeiten (Werk-
plätze u. a.) zum Brückenbau. Dabei erhielt die Göltzsch ihr neues
Flussbett. Obwohl im Göltzschtal (außer Baugruben) noch nichts
auf die künftige Brücke hinwies, zog der Werkplatz schon eine
Vielzahl von Menschen an. Diese beabsichtigten den Ort kennen-
zulernen, wo die größte Ziegelsteinbrücke der Welt entsteht. Die
Gastwirte aus Reichenbach, Mylau und Netzschkau erfreute der
zunehmende Besucherstrom ebenso, wie die Eisenbahnkompa-
nie, welche aus der Neugier der Schaulustigen Geldeinahmen
erwarteten. So gestattete man die Besichtigung der Baustelle ge-
gen eine Gebühr von 5 Neugroschen.
Am 31. Mai 1846, als 14 Baugruben fast vollendet waren, fand die
feierliche Grundsteinlegung zur Göltzschtalbrücke statt. Ca. 1.000
Gäste kamen im Sonderzug, von zwei Lokomotiven mit 28 Wa-
gen gezogen, aus Leipzig nach Reichenbach um der Zeremonie
beizuwohnen. Zu Fuß begab sich die Menschenmenge auf der
Eisenbahntrasse zum festlich geschmückten Werkplatz ins Göltz-
schtal. Von Häusern und Baustellen begrüßten sie bunte Fahnen.
Die Arbeiter bildeten ein Spalier, durch das die Gäste bei musi-
kalischer Begleitung ins Tal schritten. Vor mehreren tausend Zu-
schauern hielt Oberingenieur Robert Wilke die Einweihungsrede
und vollzog die Grundsteinlegung. Er führte auf der Talsohle die
traditionellen Hammerschläge auf den Grundstein aus, indem
eine Pergamenturkunde eingelegt war. Gleiches vollzogen da-
nach der Direktor der Eisenbahnkompanie und Ferdinand Dost.
Die Reichenbacher Zeitung schrieb dazu: „Durch Essen, Musik
und Tanz war der folgende Tag für die Bauarbeiter ein Lichtblick
in langem Düster“. Der Grundstein zur Elstertalbrücke wurde am
7. November 1846 gelegt. Die beim Baubeginn auftretenden
Probleme wie Bankrott der Eisenbahngesellschaft, die Angst der
Aktionäre vor Verlusten, aber auch die Ablehnung und fehlendes
Vertrauen in das Neue, führten letztlich dazu, dass die sächsische
Regierung das Unternehmen erwarb und den Bau beider Vogt-
landbrücken zu Vollendung brachte.

Falk Naumann                               Urkunde der Grundsteinlegung 1846

              Grundsteinlegung 31.05.1846
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