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Netzschkauer STADTANZEIGER                                                                                                                                    11.10.2025 | Nummer 10 | Seite 9

     Kuhbergturm bei Netzschkau begeht 125-jähriges Jubiläum

     Obwohl auf der höchsten Erhebung des nördlichen Vogtlandes stehend  In diesen Kaufvertrag trat im September 1899 die Stadt Netzschkau ein.
     und ständig allen Wettern und Stürmen der Zeit ausgesetzt, sieht man ei-
     nem der schönsten Türme der großen Bismarckturmgemeinschaft, dem  Die Gründung des Bismarckturmvereins erfolgte am 9. Juni 1900.
     Bismarckturm bei Netzschkau, seine 125 Jahre nicht an.  1899 fiel die Projektvergabe an den Architekten Thurm aus Herzberg im
     Bekannt sind 234 ausgeführte Bismarck-Türme bzw. –Säulen von denen  Harz. Die Bauausführung oblag der Greizer Fa. Golle und Gruschwitz. Das
     165 zwei Weltkriege und eine Vielzahl politischer Veränderungen über-  Baugeschehen leiteten die Architekten Riedel (Reichenbach), Steiner
     standen.                                             (Greiz) und Weißbach (Mylau) gemeinsam.
     Des Weiteren liegen Unterlagen von 173 nicht zur Ausführung gelangten
     Bauten vor.                                          Die Grundsteinlegung für den Bismarckturm war am 31. Juli 1900, dem 2.
                          Außerhalb Deutschlands entstanden Bis-  Todestag Bismarcks. Das innere Mauerwerk besteht aus Ziegeln. Für das
                          marcktürme  in  Frankreich,  Dänemark,  äußere Mauerwerk verwendete man Münchberger Granit und für die
                          Österreich, Tschechien sowie in den ehe-  Zwischenfüllung Grauwacke vom Kuhbergumfeld.
                          maligen Kolonien Kamerun, Togo (Afrika)
                          und in Ostgebieten.             Das Fundament musste 2,50 m ausgeschachtet werden, um auf festen
                          Nachdem sich bereits ein hölzernes Gerüst  Untergrund zu stoßen.
                          auf dem Kuhberg befand, wurde aus der  Der Turm misst an seinem Sockel 10 m x 10 m und zeigt mit seinen Breit-
                          Bevölkerung des Umfeldes seit 1869 die  seiten in die vier Himmelrichtungen. Er ist 21 m hoch und besteht aus 600
                          Forderung nach einem Aussichtsturm auf  m³ Mauerwerk. Die Feuerschale zum Abbrennen der Höhenfeuer fertigte
                          dem 510 m hohen Kuhberggipfel immer  die Netzschkauer Fa. Franz Stark u. Söhne (NEMA).
                          lauter.
                                                          Während der Vorbereitung bzw. des Bauablaufes traten eine Reihe von
                                                          Hindernissen auf, denen sich sowohl der VVN als auch das Bismarckturm-
                                                          komitee stellen mussten.
                                                          Trotz der auf dem Berg erreichten Tiefe von 15 m fand man kein Wasser. Erst
                                                          1908 ergab der Kauf eines Grundstückes am Fuße des Berges die Lösung. Bis
                                                          zu diesem Zeitpunkt musste das benötigte Wasser vom Bergfuß zum Gipfel
                                                          gebracht werden. Am Bau waren ständig 40 Arbeitskräfte beschäftigt.

                                                          Das Baugeschehen verlief zügig. Be-
                                                          reits am 28. Oktober 1900 konnte
                                                          der Vereinsvorsitzende Dr. Neander
                                                          den Turm zur öffentlichen Nutzung
                                                          übergeben. In einer groß angelegten
                                                          Feier, an der sich Vereine Netzschkaus
                                                          und  der  umliegenden  Ortschaften
     Dieser Aufgabe stellte sich der Verschönerungsverein Netzschkau seit  beteiligten, brannte das 1. Höhen-
     1881. Der Netzschkauer Fabrikbesitzer Wilhelm Uebel ließ 1882 einen  feuer  ab.  Die  Weihepredigt  hielt
     hölzernen Aussichtspunkt errichten, für den er später noch Orientierungs-  Schlossprediger Hacker.
     tafeln spendete.
     Als1897 das Aussichtsgerüst einem Brandanschlag zum Opfer fiel, war
     der Zeitpunkt für die Neuerrichtung eines Aussichtsturmes gegeben. Zu-
     nächst sah man eine Eisenkonstruktion vor.
     Aus Kostengründen wurden die Projekte jedoch verworfen.
     Vorausgegangen waren seit 1898 Verhandlungen und eine Vereinbarung
     zwischen dem Vorsitzenden des VVN Oskar Wittig und dem Besitzer der
     Bergkuppe Johann Wilhelm Victor Loebering (Rittergutsbesitzer aus Klein-
     gera). Nach erneuter Ausschreibung und Vergabe an den Reichenbacher  Am Eröffnungstag stiegen 350 Gäste die 105 Stufen zur Aussichtsplatt-
     Architekten Feiler im Jahr 1899 glaubte man dem Hauptziel des VVN ei-  form empor. Im Jahr 1901 waren es 1600 Besucher, davon 300 Kinder.
     nen großen Schritt näher zu sein.                    Auch Kaiser Wilhelm I. übersandte ein Grußtelegramm zur Weihe.
     Parallel dazu nutzte der Greizer Schriftsteller Dr. Gottfried Doehler die Eu-
     phorie um Fürst Bismarck und berief am 28. Juni 1899 eine Versammlung  In den Folgejahren gestaltete der Bismarckturmverein eine Vielzahl von
     der umliegenden Städte und Gemeinden in den Reichenbacher Bahnhof  Veranstaltungen kultureller und sportlicher Art wie:
     ein. Dabei wandelten die 46 anwesenden Personen das Netzschkauer Vor-  -  Sportwettkämpfe zur Sedanfeier 1903 und 1910,
     haben in ein Gemeinschaftsprojekt der Städte und Gemeinden um.  -  Besuch  des  Sächsischen  Königs
     Die gegründeten Ortsausschüsse beteiligten sich mit viel Engagement an  Friedrich August III. und
     der Beschaffung der finanziellen Mittel und erreichten als Sammelergeb-  -  der Gräfin Frida von Schönburg -
     nis 21.900,00 Mark.                                     Glauchau 1906
     Am 15. August 1899 gründete man das Komitee für den Bau eines Bis-
     marckturmes auf dem Kuhberg.                         Zur Aufwertung des Turmes und Bele-
     Der Ankauf der Bergkuppe sowie die Zufahrtswege wurden am 31. Au-  bung des Tourismus wurde 1901 eine
   C
   M
   Y  gust 1899 zwischen Rittergutsbesitzer Loebering sowie Robert Merkel  Unterkunft errichtet, die in den Folge-
   K
     und Dr. Neander zum Preis von 600 M pro Acker vertraglich besiegelt.  jahren ständige Erweiterungen erfuhr
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